Heute Mittwoch morgen kurz vor zehn Uhr. Offizieller Besichtigungstermin unter Führung des Volketswiler Gemeindeammanns und Betreibungsbeamten Marcel Marfurt.
Die einstige Forsanose-Fabrik in Volketswil wird versteigert, weil die Erben sich nicht einig geworden sind. Auch in Zukunft werden die Juristen in dieser Sache noch einiges zu tun haben.
Zahlreiche Autos finden den Weg hoch zur früheren Forsanose-Fabrik im alten Volketswiler Ortskern. Darunter auch ein Rolls-Royce. Am Heck ein FC-Barcelona-Aufkleber, auf dem Rücksitz ein zweifarbiger Spaniel. Dem Wagen entsteigt ein fein gekleideter, älterer Herr. Gabriel Gallati heisse er, und einer der Forsanose-Erben sei er, sagt er. Genauer: Wäre er. Denn ob er sein Erbe wirklich je bekommt, steht noch in den Sternen.
Kurz nach zehn Uhr. Sicher 30 Personen sind inzwischen da. Marcel Marfurt erklärt kurz, dass man im Internet weitere Unterlagen über die Liegenschaften erhält und bittet dann, einzutreten - hinein in die beiden markanten Fabrikgebäude. Zunächst geht es hinunter in den Heizungskeller. Dann hinauf, als erstes in ein offensichtlich als Bar benutztes Stockwerk. Unzählige Fotokameras klicken. Alles Kaufinteressenten?
Zweites Geschoss. Riesige Räumlichkeiten gibt es hier, der Ateliertraum von Künstlern und der Wohntraum von Loftliebhabern. Richtung Südwesten eine lange Fensterreihe, die erlaubt, den Blick von den Alpen über fast ganz Volketswil bis Richtung Dübendorf schweifen zu lassen.
Eine ältere Dame verteilt Flugblätter. «Versteigerung mit bitterem Beigeschmack», lautet die Überschrift. «Wenn am 3. Dezember das Areal der ehemaligen Forsanose-Fabrik zur Versteigerung gelangt, könnte man annehmen, dass die seit Jahren bestehende Familienfehde ihren Abschluss findet», steht darunter. Und weiter: «Das sei aber nicht so.» Die Dame, welche die Zettel verteilt, ist Gabriel Gallatis Begleiterin.
Vom dritten Stock des um 1940 erstellten Fabrikgebäudes ist die Aussicht noch grandioser. Immer noch wird fotografiert - Details, aber auch ganz einfach die Sicht aus den Fenstern.Er wohne da unten, meint einer der Fotografen und zeigt auf ein etwas unterhalb der Fabrik gelegenes Gebäude. «So kann ich mal ganz spezielle Bilder von meinem Haus machen, und auch einmal diese Fabrik von innen besichtigen ist spannend.»
Dass die Liegenschaften unter den Hammer kommen, ist die Folge eines Gerichtsentscheides. Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 5. Juni 2007 die Versteigerung angeordnet - zwecks Auflösung der fortgesetzten Erbengemeinschaft.
Dies ist auf erreichbar.ch publizierten Steigerungsbedingungen des Gemeindeammannamtes Volketswil zu entnehmen. Steigerungsbedingungen, die rechtskräftig sind, wie Marcel Marfurt bestätigt.
Im Gespräch stellt sich heraus, dass Gabriel Gallati ein Neffe des Forsanose-Begründers Hellmut Schuberth ist. Gallati erzählt, wie die Vorgeschichte aus seiner Sicht vorgefallen ist: Als im Jahre 1999 Wilhelmina Schuberth-Gallati, die zweite Ehefrau von Hellmut Schuberth, verstarb, sei es ihr Wille gewesen, dass das gesamte Grundstück in ihrer Familie bleibe. Im Testament habe sie deshalb ihrem Neffen - also ihm, Gabriel Gallati - die Rechte an ihrem Anteil des Areales vererbt. Auch, weil er einst selbst in der Fabrik gearbeitet und sich später um die Gebäude gekümmert habe.
Nur ist Gabriel Gallati nicht Alleinerbe. Da gibt es auch noch Monica Andjelkovic-Zulian, die Enkelin der Tochter der ersten Ehefrau von Hellmut Schuberth. Ihr sollte gemäss Testament die andere Hälfte zukommen.
Andjelkovics Anteil hätte Gabriel Gallati gerne dazugekauft und beruft sich auf ein Vorkaufsrecht. Die beiden wurden sich aber nicht einig, und so landete der Fall schliesslich vor dem Gericht - zuerst vor dem Bezirksgericht und dann vor dem Obergericht.
Heute Mittwoch ungefähr halb zwölf Uhr. Die Sonne kämpft sich erfolgreich hinter den Wolken hervor. Die mintgrünen Fabrikgebäude stehen in markantem Kontrast zum blauen Himmel. Gallatis Begleiterin holt den Spaniel aus dem Rolls-Royce. Die Besichtigungstour ist zu Ende.
«Wer Interesse hat, von uns weiter auf dem Laufenden gehalten zu werden, soll uns doch bitte seine Karte geben», ruft Marcel Marfurt. Es werden ihm aber nur wenige Visitenkarten abgegeben.
Einer zumindest ist nach wie vor sehr an der Anlage interessiert: «Ich werde am 3. Dezember sicher mitbieten - sowohl um meinen eigenen Teil als auch um den anderen», betont Gabriel Gallati und ergänzt, dass das Gerichtsverfahren übrigens immer noch am Laufen sei, da er zusammen mit seinen Söhnen Rekurs eingereicht habe.
Credits an M. Reimann
Die Details:
Auftraggeberin
Obergericht des Kantons Zürich gemäss Urteil vom 5. Juni 2007 in Sachen Monica Andjelkovic-Zulian und Erbengemeinschaft Wilhelmina Schuberth-Gallati betreffend Auflösung der fortgesetzten Erbengemeinschaft Tag und Zeit der Steigerung
Mittwoch, 3. Dezember 2008, 09.00 Uhr
Steigerungslokal
Gemeinschaftszentrum In der Au, Saal, In der Au 1, 8604 Volketswil
Auflegung der Steigerungsbedingungen
3. bis 28. November 2008
Geführte Besichtigung
Mittwoch, 19. November 2008, um 10.00 Uhr. Wir bitten um pünktliches Erscheinen.
Steigerungsobjekte
In der Gemeinde Volketswil
1. Grundstück: Grundregister Blatt 3177, Liegenschaft Kataster Nr. 5335, Fabrikgebäude mit Büro, Gebäude Nr. 320, Basiswert 1939: Fr. 292000.00, Schätzungswert: Fr. 2497000.00, Schätzungsdatum: 25.01.2000,
Weiherweg 19
Gartenhaus, Gebäude Nr. 321, Basiswert 1939: Fr. 6000.00, Schätzungswert: Fr. 54000.00, Schätzungsdatum:
01.07.2005, Weiherweg 19
(Das Fabrikgebäude umfasst ostseitig einen 3-geschossigen Gebäudekomplex mit einer Gesamt-Geschossfläche von ca. 1450 m2, westseitig einen 4-geschossigen Gebäudekomplex mit einer Gesamt-Geschossfläche von ca. 500 m2).
2. Grundstück: Grundregister Blatt 3187, Liegenschaft Kataster Nr. 5343, Fabrikgebäude, Gebäude Nr. 327, Basiswert 1939: Fr. 528000.00, Schätzungswert: Fr. 4462000.00, Schätzungsdatum: 25.01.1999, Weiherweg 8 Heizzentrale, Gebäude Nr. 328, Basiswert 1939: Fr. 58000.00, Schätzungswert: Fr. 522000.00, Schätzungsdatum: 27.09.2001, Weiherweg bei 6. (Das Fabrikgebäude ist 3-geschossig, mit einer Lichthoffläche. Die Gesamt-Geschossfläche beträgt ca. 3550 m2. Heizzentrale mit einem markanten Hochkamin. Beim unterirdischen Gebäude handelt es sich um die Trafostation EKZ).
Beide Grundstücke sind im kommunalen Inventar der Kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte eingetragen. Weitere Auskünfte dazu sind beim zuständigen Bauamt einzuholen.
Die Grundstücke Nr. 1 und 2 werden zuerst einzeln, danach gemeinsam ausgeboten. Übersteigt dabei das Ergebnis des Gesamtrufes die Summe der Einzelangebote, so gilt der Zuschlag an die Einzelangebote als dahin gefallen. Kann ein Grundstück im Einzelausruf nicht zugeschlagen werden, so gilt der Zuschlag an die Einzelangebote ebenfalls als dahin gefallen und die Grundstücke werden nur noch gemeinsam als Gesamtruf ausgeboten und zugeschlagen.
Der Ersteigerer hat an der Steigerung, unmittelbar vor dem definitiven Zuschlag, auf Anrechnung an die Kaufsumme, zu bezahlen: Bei Einzelruf je Fr. 200000.00, bei Gesamtausruf Fr. 500000.00. Die Zahlung muss mit einem auf eine Bank mit Sitz in der Schweiz und an die Order des Gemeindeammannamtes Volketswil ausgestellten Bankcheck (kein Privatcheck) erfolgen. Personen, die als Stellvertreter in fremdem Namen, als Mitglied einer Rechtsgemeinschaft oder als Organ einer juristischen Person bieten, haben sich unmittelbar vor dem Zuschlag über ihre Vertretereigenschaft auszuweisen.
Vertreter von Vereinen und Stiftungen haben sich zusätzlich über ihre Vertretungsbefugnis auszuweisen. Handelsgesellschaften und Genossenschaften haben zudem unmittelbar vor dem Zuschlag einen Handelsregisterauszug
vorzulegen.
Es wird ausdrücklich auf das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) sowie auf die Verordnung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewV) aufmerksam gemacht
Mittwoch, 19. November 2008
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